Beim ELA Treffen andere Familien kennenzulernen, wissen, dass man den schweren Weg nicht alleine geht, hat mir sehr geholfen, mit der Diagnose meines Sohnes umzugehen. Die Möglichkeit für einen Austausch ist sehr wichtig und man fühlt sich endlich verstanden. Danke ELA!

Moritz Thevissen

Aicardi-Goutières Syndrom

Autorin: Prof. Dr. med. Min Ae Lee-Kirsch, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden

Was für eine Krankheit ist das Aicardi-GoutIères Syndrom?

Das Aicardi-GoutiIères Syndrom (AGS) ist eine seltene Erkrankung, die zu einer entzündlich bedingten Leukodystrophie führt. Bei einer Leukodystrophie sind die Myelinzellen, welche die Nervenfasern umhüllen, beeinträchtigt. Sie ähneln in ihrer Funktion der Isolierschicht eines elektrischen Kabels. Ohne diesen Schutz kommt es zu einer Störung der Reizweiterleitung der Nervenbahnen im Gehirn. Auch die Nervenzellen werden in Mitleidenschaft gezogen und gehen unter. Entzündliche Veränderungen können sich beim AGS auch in Form von Fieberschüben oder Hautentzündungen an den Händen und Füßen zeigen.

Was sind die Ursachen Aicardi-GoutIères Syndroms?

 

Das AGS wird durch eine genetisch bedingte Störung des Immunsystems hervorgerufen. Ursache sind Genveränderungen (Mutationen). Gene sind Träger von Erbinformation und enthalten die Baupläne für Eiweißbausteine unserer Zellen. Bis heute sind Mutationen in neun verschiedenen Genen (TREX1, RNASEH2A, RNASEH2B, RNASEH2C, SAMHD1, IFIH1, ADAR, LSM11, RNU7-1) beschrieben worden, die ein AGS verursachen können. Die Genveränderungen führen dazu, dass bestimmte Bestandteile aus dem normalen Stoffwechsel der Zelle, sogenannte Nukleinsäuren, nicht mehr abgebaut werden. Dies führt dazu, dass das Immunsystem diese Nukleinsäuren fälschlicherweise als körperfremde Bestandteile von Viren betrachtet und attackiert. Auf diese Weise wird die Immunabwehr in Gang gesetzt und eine Entzündung ausgelöst, obwohl keine virale Infektion vorliegt. Kennzeichen der Immunaktivierung ist die erhöhte Aktivität von Typ 1-Interferon, einem Botenstoff des Immunsystems.

Wie wird das Aicardi-GoutIères Syndrom vererbt?

 

Das AGS wird in den meisten Fällen autosomal rezessiv vererbt. Dies bedeutet, dass beide Kopien des ursächlichen Genes bei einem Betroffenen verändert sind. Beide Eltern sind jeweils gesunde Anlageträger einer veränderten Genkopie, die sie an ihr betroffenes Kind weitergegeben haben. In einigen Fällen kann bereits eine veränderte Genkopie ein AGS hervorrufen. Eine genetische Beratung kann betroffene Familien helfen, um sich über Fragen zum Wiederholungsrisiko und zu Möglichkeiten einer vorgeburtlichen Diagnostik zu informieren.

„Das größte was ein Verein machen kann, ist Menschen zusammenzubringen.“

Jana Blaurock

Wie verläuft die Erkrankung?

 

Das AGS beginnt meist in den ersten Lebensmonaten relativ plötzlich mit ruckartigen Bewegungsstörungen (Dystonie), die von Fieberschüben begleitet sein können. In der Bildgebung des Gehirns finden sich häufig Verkalkungen und Zeichen einer Leukodystrophie. Manchmal besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Beginn der Erkrankung und einem Infekt. Typisch sind Schreiattacken und Schlafstörungen. Daneben können entzündliche Veränderungen der Haut, in seltenen Fällen auch der Leber, der Gelenke oder Blutbildveränderungen auftreten. Der fortschreitende Untergang von Gehirnzellen führt dazu, dass das Schädelwachstum zurückbleibt und die körperliche und geistige Entwicklung schwer beeinträchtigt ist. Die Kinder entwickeln meist eine spastische Lähmung der Arme und Beine und haben Probleme den Kopf und den Rumpf aufrecht zu halten. Aus den Beobachtungen der letzten Jahre weiß man jedoch mittlerweile, dass das klinische Bild sehr variabel sein kann. So gibt es Kinder, die erst im Kleinkindalter erste Symptome zeigen und dann meist sehr viel milder betroffen sind. Manche Kinder zeigen eine isolierte Spastik der Beine ohne intellektuelle Beeinträchtigung.

Wie wird das Aicardi-Goutilères Syndrom diagnostiziert?

Die Diagnose kann durch den Nachweis von Genveränderungen in den bisher bekannten neun AGS auslösenden Genen (TREX1, RNASEH2A, RNASEH2B, RNASEH2C, SAMHD1, IFIH1, ADAR, LSM11, RNU7-1) gesichert werden. Die erhöhte Aktivität von Typ 1-Interferon kann durch die Bestimmung der sogenannten Interferon-Signatur im Blut nachgewiesen werden. Die Interferon-Signatur kann im Rahmen der differentialdiagnostischen Abklärung und der Verlaufskontrolle als Marker für die Krankheitsaktivität herangezogen werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

 

Bisher gibt es keine ursächliche Therapie für Patienten mit AGS. Es gibt es jedoch Medikamente, mit denen sich einige Symptome wie beispielsweise epileptische Anfälle oder eine Spastik behandeln lassen. Bei Patienten mit systemischen Symptomen wie Fieber können im akuten Entzündungsschub können gelegentlich Steroide hilfreich sein. In den letzten Jahren haben Januskinase-Inhibitoren, welche immunmodulatorisch bzw. Immunsuppressiv wirken, besondere Aufmerksamkeit erhalten. Sie können der chronischen Typ 1-Interferon-Aktivierung entgegen wirken und so den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Insbesondere Symptome wie Entzündungen der Leber und der Haut sprechen gut auf Januskinase-Inhibitoren an. Essentiell bleibt aber eine umfassende und vielseitige Förderung des Kindes sowie physiotherapeutische und logopädische Maßnahmen.

An wen können Sie sich bei Fragen zum Aicardi-GoutIères Syndrom wenden ?

 

Ansprechpartner für Fragen über das AGS:

Prof. Dr. med. Min Ae Lee-Kirsch:  ed.nedserd-mukinilkinu@hcsrik-eel.eanim

Jana Blaurock, Ansprechpartner für AGS

Egal ob sie gerade eine Diagnose bekommen haben, ihr Kind schon älter ist oder ob sie aus einem anderen Grund Fragen zum Aicardi-GoutIères Syndrom haben, sie können mich jeder Zeit kontaktieren. Sie können auch ihre Kontaktdaten hinterlassen und ich melde mich sehr gerne bei ihnen.

Telefon 0176 49294410
Email: ed.oohay@kcorualb.anaj